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         In der
        neuen,
        barocken Tanz-Theater Produktion "Der Meerestrompettist" des
        TEATRO ARCIMBOLDO erzählen vier   TänzerInnen, ein Schauspieler und die
        Musiker des Ensembles die spannende, tragicomische Geschichte des ersten
        und einzigen Trompette marine-Virtuosen Jean- Baptiste Prin (1668-1743).
        Seiner Kindheit in London als Trompette Marine-Wunderkind, seiner
        Tanzausbildung im Paris Ludwigs des XIV., seiner Karriere am Hofe des
        Sonnenkönigs und schliesslich der Denunziation und Verbannung nach
        West-Indien/Mexico.
        Sechs
        Tanz-Szenen bebildern die spannende Lebensgeschichte J.B. Prins, dessen
        Schicksal hier allerdings auch exemplarisch für den Werdegang eines
        "barocken" Menschen steht. Die immer stärkere Einengung die
        er als Tänzer und Trompette marine-Virtuose am Hof des Sonnenkönigs
        durch das höfische Zeremoniell (bis hin zu Folter) erfährt - ähnlich
        dem geometrischen Beschnitt des barocken Gartens - und schliesslich
        seiner Befreiung von den äusseren Zwängen bei den afrikanischen
        Sklaven in West-Indien/ Mexico.  
        Textautor (in
        Zusammenarbeit mit T. Hirsch) und Dramaturg dieses aussergewöhnlichen
        Tanz-Theater Stückes ist der Basler Schriftsteller und Hohlbein-
        Preisträger Christopher Zimmer.  Durch die Verbindung der
        verschiedenen Elemente - der Texte, die auf historischem Material
        basieren, französischer Barockmusik von Marais, Lully, Prin und Rameau,
        afrikanischen Rhythmen, Barocktanz und Elementen der "Commedia dell’arte"
        - ist neues, farbenprächtiges Tanz-Theaterstück entstanden. 
        Nach dem
        Handlungsablauf und der Besetzung kommt auf dieser Seite ein Beitrag von Silke Berdux,
        Trompette marine- Spezialistin und Leiterin der Musikintrumentensammlung
        des Deutschen Museums/München. Einen Artikel über meine eigenen,
        praktischen Erfahrungen mit der "Meerestrompete" und die
        Entstehung dieses Theaterstückes (incl. Zeittafel der verwendeten
        Materialien und Ereignisse) finden Sie ganz am Ende dieser Seite.  | 
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      Handlung:
         "Der
        Meerestrompettist" 
        
        Barockes Tanztheater
        um J.B. Prin,  
        Trompette marine-Virtuose und Tänzer  
        am Hofe des Sonnenkönigs 
        
        
          
            
              
                | 1.
                Szene: | 
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                 Der alte
                Monsieur Prin befindet sich mit einem Handkarren auf einem
                phantastischen, tropischen Weg in Mexico (West-Indien). Auf dem
                Karren befinden sich seine gesamten
                Habseligkeiten. Als plötzlich ein Rad des Karrens abfällt,
                sieht sich Prin gezwungen am Wegesrand auf Hilfe zu warten. Er
                beginnt von  seiner Kindheit in London zu
                 erzählen: Obwohl er
                viel lieber die verbreitete Viola da Gamba gespielt hätte, wird
                er vom Vater gezwungen Trompette marine zu üben und als 
                "Wunderkind" mit ihm aufzutreten. Da Prin auch 
                Geschick zum Tanzen zeigt, schickt ihn der ehrgeizige Vater nach
                Paris, der Stadt des Sonnenkönigs Ludwigs XIV., um sich dort im
                Tanzen und im Trompette marine-Spiel zu vervollkommnen. 
                
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              Tanz:
                
                
            Sternentanz mit Laternen, Auftritt
            Ludwigs XIV. als Sonne. 
            Musik: 
            M. Marais, H. Purcell, J.B. Lully | 
               
              
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              Prin kommt nach Paris zum Tanz-Unterricht an die berühmte
              "Academie
              Royal de la danse". Die Tanzmeister prüfen
              zuerst seine körperliche Tauglichkeit und Proportionen. Nach den
              ersten Tanzlektionen sind sie  überrascht von seiner schnellen
              Auffassungsgabe und stellen ihm immer schwierigere Aufgaben.
              Verärgert beobachten sie, dass Prin sie schon bald überflügelt
              und schikanieren ihn deswegen. Endlich darf er sein Können auch
              in Versailles vor dem König  präsentieren. 
              
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              Tanz:  
            
              Virtuoser Tanzunterricht 
   
  Musik:
            J.B. Prin (Premier Concert pour la Trompette marine) | 
             
  
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                 In
                Briefen berichtet Prin seinem Vater über  seine Fortschritte bei
                Hofe: Der  König war so von Prins Trompette-Spiel begeistert,
                dass er ihm die  nächste
                freiwerdende
                Stelle bei den königlichen "Trompette marines et cromornes
                du Roy" versprochen hatte. Inzwischen findet Prin ein
                Engagement am "Theatre de la Foire" als Tänzer und
                Harlequin. Dort werden, nachdem ein Canovaccio (Inhaltsangabe)
                vorgelesen wurde, Commedia dell’ arte Stücke improvisiert.
                Prin verliebt sich in die Tochter des Prinzipals, kann ihr aber
                nur auf der Bühne in ihrer Rolle als Harlequina näher kommen,
                da der eifersüchtige Vater streng über sie wacht. 
                
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              Tanz:
                
               Commedia dell’
                arte Szene mit Harlequin, Halequina und strengem Vater (Pantalone) 
              Musik:
 J.P. Rameau | 
               
              
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                  Pause ******
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                Szene: 
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               Bei Hofe gibt es zahlreiche
            Neider, die
            Prin seinen gesellschaftlichen Aufstieg nicht gönnen. Er wird
            denunziert, verhaftet, in die Kerker der Bastille geworfen und
            gefoltert. Obwohl sich die Haltlosigkeit der Vorwürfe bald
            herausstellt, wird er nach West-Indien (Mexico) verbannt, und darf
            Frankreich zu Lebzeiten Ludwigs XIV. nicht mehr betreten. 
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              Tanz: 
            Tanz der Folterknechte und
            Zanni
         
            Musik:
            A. Forqueray | 
         
        
        
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            5. Szene: 
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             Prin schifft sich von
            Nantes aus nach West-Indien ein.
            Nachdem die Reise zuerst ruhig verläuft, ballen sich bald dunkle
            Wolken am Horizont, Wind und Wellen werden immer stärker und es
            bricht ein heftiger Sturm los, der das Schiff fast untergehen
            lässt. Als der Sturm schliesslich vorüber ist tritt Windstille
            ein. Endlich kommt der Hafen von Veracruz in Sicht. 
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          Tanz: Tanz
          der Matrosen, Sturm.
         
          Musik: M. Marais, J.B. Lully | 
         
        
        
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            6. Szene:  | 
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             Von
            Veracruz reist Prin auf dem Landweg weiter nach Mexico-Ville. Er
            wird vom dortigen Vizekönig und der höfischen Gesellschaft
            freundlich empfangen. Alle sind begierig auf Neuigkeiten vom Hof in
            Paris. Schliesslich wird Prin sogar eingeladen die berühmte "Akademie
            der Wissenschaften" von Mexico-Ville zu besuchen und über sein
            besonderes Instrument zu referieren. Sein Vortrag stösst dort
            allerdings auf wenig Interesse. Als
            Prin eines Nachts erwacht, hört er eine seltsame, fremdartige
            Musik. Er macht sich auf die Suche nach deren Ursprung. Im Urwald
            sieht er afrikanische Sklaven tanzen und ein seltsames Instrument
            spielen. Prin erkennt in diesem "Ungurungo" eine Urform
            seiner Trompette marine und es entwickelt sich ein tänzerischer
            Dialog zwischen den beiden Kulturen. 
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          Tanz: Tanz
          der afrikanischen Sklaven 
          Musik: J.P. Rameau
      
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             (Dauer
            ca. 85 Min reine Spielzeit) 
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         Zur Geschichte der
        Trompette marine 
         
         
      "Ni trompette, ni marine",
      schrieb Paul Garnault 1926 über die Trompette marine. Der Name ist nicht
      das einzig eigenartige an diesem Instrument. Immerhin handelt es sich um
      ein Streichinstrument mit einer einzigen Saite, das klingt wie eine
      Trompete.
  
  
  Im 17. Jahrhundert aus dem Trumscheit entstanden, war die Trompette marine bis
  ins 19. Jahrhundert in Mitteleuropa weit verbreitet und keineswegs das
  abseitige Instrument, als das sie uns heute erscheint. Dies zeigen auch weit
  über 200 erhaltene Instrumente in Museen und Sammlungen in aller Welt.
  Während die Trompette marine in Deutschland, Österreich, der Schweiz und
  Tschechien vor allem in Klöstern und Kirchen gespielt wurde, findet man sie
  zum Beispiel in Italien in Opern mit maritimen Themen und in Frankreich am
  Hof. Doch gelangte sie – wie mehrere Darstellungen aus dem Beginn des 18.
  Jahrhunderts belegen – auch bis nach Mexiko. 
  Verantwortlich für
  den charakteristischen trompetenartigen Klang des Instruments ist der
  asymmetrische, schuhförmige Steg, der nur mit einem,  dem
  kurzen Fuss auf der Decke steht, während der andere über dieser schwebt.
  Wird die Saite mit dem Bogen in Schwingung versetzt, schlägt der längere
  Fuss auf die Decke und verursacht so den schnarrenden, trompetenartigen Ton.
  (nebenstehendes Bild: Trompette marine-Steg nach J.B. Prin.) Gespielt wird die
  Trompette marine in Flageolettmanier, d. h. die Saite wird nicht auf das
  Griffbrett gedrückt, sondern nur in den Schwingungsknoten berührt. Dadurch
  entspricht nicht nur der Klang, sondern auch die Tonfolge der der Trompete. 
  Im November 1660
  verwendete Jean-Baptiste Lully das Instrument am französischen Hof zum ersten
  Mal. Wohl angeregt durch den Namen gab er es in den Ballettintermedien, die er
  für die Oper Xerse des italienischen Komponisten Francesco Cavalli
  geschrieben hatte, Matrosen in die Hand. Bereits im folgenden Jahr, dem ersten
  der Alleinregierung Ludwigs XIV., wurde eine eigene Gruppe „Cromornes et
  trompettes marines" mit fünf Stellen eingerichtet. Sie war Teil der
  „Grande Ecurie", der für die Musik zu offiziellen Zeremonien und
  Veranstaltungen im Freien zuständigen Abteilung der Hofmusik. Im Jahr ihrer
  Gründung spielten die „Cromornes et trompettes marines" in
  Fontainebleau, wo die Hofgesellschaft am Kanal zu den Klängen von Geigen und
  Trompettes marines speiste, 1713 zur Unterzeichnung des Friedens von Utrecht
  in Paris. Zusammen mit anderen Instrumenten wurde die Trompette marine auf den
  Titelblättern der Veröffentlichungen von Hofmusikern abgebildet, so 1660 auf
  dem der Airs von Michel Lambert, 1709 auf dem der Motets meléz
  von Marc Antoine Charpentier. Doch stand sie wohl nicht bei allen in hohem
  Ansehen. Molière liess Monsieur Jourdain, die Hauptperson seiner 1671
  aufgeführten Komödie Le bourgeois gentilhomme (Der Bürger als
  Edelmann), zu einem ausgewogenen Ensemble aus drei Singstimmen, Cembalo,
  Theorbe, Gambe und zwei Violinen eine Trompette marine fordern, um so dessen
  Unwissenheit und Mangel an Geschmack zu charakterisieren. 
  Der mit Abstand
  bekannteste Spieler der Trompette marine war  Jean-Baptiste Prin (um 1669 bis
  nach 1742). Prin stammte aus England, wo er nach seinen eigenen Angaben auch
  das Spiel der Trompette marine erlernte hatte. Vielleicht war sein Vater jener
  „Mr. Prin", der 1667 das  Instrument
  erstmals in London zu Gehör brachte. Vor 1689 kam Prin nach Frankreich. Von
  1698 bis 1704 trat er als Tänzer und Schauspieler (in der Rolle des Arlequin)
  am Theatre de la Foire in Paris auf. Eine solche Szene mit einer auf dem Boden
  liegenden Trompette marine stellte Claude Gillot um 1716 in seinen Theatre
  Italien dar. Als Instrumentalist widmete Prin sich
  offenbar ganz dem Spiel der Trompette marine. Er trat an verschiedenen Orten
  als Virtuose auf, 1702 spielte er im Trianon in Versailles und erhielt dafür
  von der Herzogin von Burgund ein Livre de la Musicque du Roy, das die
  Trompetenstimmen von Werken Lullys enthielt. Er komponierte zahlreiche Stücke
  für sein Instrument, 75 Airs de trompette et viollons sowie 4 Bände
  mit Concerts de trompette, haubois et viollons sind erhalten, und
  bearbeitete Werke von Lully, Hotteterre und Philidor. Und er unterrichtete
  dessen Spiel. 
  Besonders wichtig für uns ist das handschriftliche Memoire sur la
  trompette marine, das er 1742 zusammen mit seinem Instrument, dem Livre
  de la Musique du Roy und seinen Kompositionen der Musikakademie von Lyon
  überließ. Prin beschreibt in ihm ausführlich die von ihm verwendete Trompette
  marine organisée und deren Spielweise. Eine Besonderheit des Instruments
  sind Resonanzsaiten im Korpusinneren, die beim Spiel zum Mitschwingen angeregt
  werden. Zudem hat es einen sog. „Guidon", dessen Erfindung Prin für
  sich reklamiert. Mit dieser Hilfssaite kann der Abstand des frei schwingenden
  Fusses des Steges zur Decke modifiziert und dem Instrument – so Prin –
  wahlweise „la force d’une trompette de bouche, la douceur d’une flute
  et l’harmonie d’Clavecin" gegeben werden. 
  Eine Besonderheit in Prins "Memoires" stellt auch seine
  Beschreibung eines afrikanischen Instruments dar, das er als möglichen
  "Urform" der Trompette marine bezeichnet. Es handelt sich dabei um
  einen Musikbogen, wie er in Afrika heute noch gebräuchlich ist, und der in
  Südamerika/Brasilien unter dem Namen Berimbao bekannt ist. Prin beklagt sehr,
  dass er keine Nachfolger habe, doch wurde die Trompette marine in Frankreich
  bis in die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts gespielt. Noch 1761 nennt
  François Alexandre Pierre de Garsault sie in seinem Kavaliershandbuch Notionaire
  ou Mémorial unter den „Instrumens d’amusement". Danach
  verschwand das Instrument, wie in den meisten Regionen Europas, aus dem
  Musikleben. Allerdings erlebte es in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts
  eine Renaissance: In den aufkommenden privaten und öffentlichen
  Instrumentensammlungen war die Trompette marine ein „Muss" – als
  Instrument, über dessen Geschichte wenig bekannt war, durfte sie wie Busine,
  Blockflöte, Gambe und Viola d’amore nicht fehlen.  | 
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         Von
        der Idee zum Stück "Der Meerestrompettist" 
         
        
        Um die
        Entstehung unserer neuen Produktion "Der Meerestrompettist",
        die aus mehreren Gesichtspunkten etwas ganz Besonderes ist zu
        erläutern,  muss ich etwas weiter ausholen: 
         
         
        Schon lange war ich in vielen Musikinstrumenten-Museen fasziniert von
        diesem ca. zwei Meter grossen Streichinstrument mit nur einer
        Spielsaite, das Tromba marina oder Trompette marine genannt wird. Ich
        habe mich oft gefragt wie es wohl klingen würde, aber leider gibt es
        bisher keine CD-Aufnahme mit diesem Instrument, das im 18. Jahrhundert
        sehr verbreitet war. In Frankreich gab es sogar einen Trompette marine-
        Virtuosen namens Jean-Baptiste Prin (1669-1743), der auch vier
        Solokonzerte für das Instrument geschrieben hat. 
        Als es mir
        schliesslich gelang das bisher als verschollen geglaubte Instrument
        Prins in einer Schweizer Privatsammlung zu finden, liess ich mir zwei
        Kopien davon anfertigen. Das erste Projekt an dem ich (zusammen mit
        Michael Bürgin) die Instrumente gespielt habe, fand im Herbst 2003
        unter dem Titel "Musik aus Schweizer Klöstern mit Tromba
        Marina" statt. (Eine CD mit demselben Programm wird 2004 bei
        dem Label "Musiques Suisses" erscheinen.) 
        Im Zuge meiner
        weiteren Forschung über J.B. Prin stellte sich heraus, dass dieser um
        1700 in Paris als Tänzer, Schauspieler (in der Rolle des Harlequin) und
        Trompette Marine-Virtuose gearbeitet hatte. Auch am Hof Ludwigs XIV.,
        der innerhalb seiner königlichen Hofmusik eine Abteilung "Cromornes
        et trompettes marines et du Roy" hatte, ist sein Spiel belegt.
        1742 schrieb Prin seine Mémoires, die zum Einen eine reiche Quelle für
        das Spiel der Trompette Marine darstellen, in welchen er aber auch über
        seine Entdeckung des Ursprungs der Trompette Marine in dem afrikanischen
        Instrument Ungurungo (welches noch heute in Brasilien unter dem
        Namen Birimbao gespielt wird) schreibt. 
        Inspiriert von
        diesem Material, der spannenden Zeit um 1700 am Hofe des Sonnenkönigs,
        der historischen Literatur (wie z.B. Molière: Le Bourgeois
        gentilomme, Swift: Gullivers Reisen, Liselotte von der Pfalz:
        Briefe, J. de Monségur: Mémoires du Mexique, Behr: L’art
        de bien danser), den zahlreichen herausragenden Entdeckungen
        (Newton: Gravitation, Licht / Papin: Unterseeboot / Halley:
        Kometenbahnen) und der faszinierenden französischen Barockmusik von
        Lully, Marais, Forqueray, Rameau und Prin ist - in Zusammenarbeit mit
        dem Basler Schriftsteller und Hohlbein- Preisträger Christopher Zimmer
        - ein neues Tanz- Musik-Theaterstück entstanden. 
        Die folgende
        Zeittafel soll einen Überblick über das verwendete historische
        Material und die geschichtlichen Ereignisse geben: 
        
          Zeittafel: 
          
            
              
                | 1651 | 
                
                 | 
                
                 Zwischen
                  1651 und 1659 trat Ludwig XIV. in neun Ballets de Cour
                  auf (u.a. in der Rolle der aufgehenden Sonne). | 
               
              
              
                 | 
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                | 1656 | 
                
                 | 
                
                Marin
                  Marais geboren. | 
               
              
              
                 | 
                 | 
                 | 
               
              
              
                | 1660 | 
                
                 | 
                
                Lully
                  verwendet Trompettes marines in seiner Ballett-Musik zu
                  Cavallis Xerxes (Trompette marine spielende Matrosen),
                  welcher anlässlich der Hochzeit Ludwigs XIV. aufgeführt
                  wurde. | 
               
              
              
                 | 
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                | 1661 | 
                
                 | 
                
                Einrichtung
                  der "Cromornes et Trompettes marines des Ecuries du
                  Roy" (Mitglieder u.a. Jean Danican Philidor, André
                  Danican Philidor, Nicolas Dieupart.) Diese Abteilung der
                  Hofmusik ist bis 1762 belegt, also über 100 Jahre! 
                  In Fontainebleau bestand das Abendvergnügen Ludwigs XIV.
                  während des Sommers darin, in einem auf dem Kanal
                  schwimmenden Boot, begleitet von Violinen und Trompette
                  marines ein leichtes Mahl zu sich zu nehmen. | 
               
              
              
                 | 
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                | 1667 | 
                
                 | 
                
                 Artikel
                  im Mercure Galant (Paris) über ein Fest am Fluss bei
                  welchem es vier Boote mit Musikern gab. In einem Boot waren
                  die Trompette marines, welche - indem sie den anderen
                  Trompeten antworteten - den "angenehmsten Effekt der
                  Welt" machten. | 
               
              
              
                 | 
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                | 1667 | 
                
                 | 
                
                In
                  London schreibt Samuel Pepys in seinem "Geheimen
                  Tagebuch": "Ich ging in das Haus in der Nähe
                  von Charing Cross ... um einen Franzosen Namens Monsieur Prin
                  (Anm.: wahrscheinlich J.B. Prins Vater) auf seiner Trumpet
                  Marine spielen zu sehen. Er tat dies so unglaublich...." | 
               
              
              
                 | 
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                | 1669 | 
                
                 | 
                
                (oder
                  1668) Jean-Baptiste Prin wird in England geboren.
                  Wahrscheinlich erhielt er seinen ersten Trumpet marine
                  Unterricht bei seinem Vater. | 
               
              
              
                 | 
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                 | 
               
              
              
                | 1670 | 
                
                 | 
                
                Molière:
                  Abfällige Erwähnung der Trompette marine im "Bourgeois
                  Gentilhomme" | 
               
              
              
                 | 
                 | 
                 | 
               
              
              
                | 1673 | 
                
                 | 
                
                Molière
                  stirbt kurz nach einem Auftritt in seinem letzten Stück "Le
                  malade imaginaire" an Tuberkulose. Molière,
                  Schauspieler, Regisseur und Komödienschreiber wurde von
                  Ludwig XIV. so sehr geschätzt, dass er ihn sogar einmal zu
                  einem Diner einlud, was damals geradezu ein Skandal war. | 
               
              
              
                 | 
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                | 1674 | 
                
                 | 
                
                In
                  den Memoiren des Adligen Primi Visconti findet sich eine kurze
                  Beschreibung des petit coucher. Voller Erstaunen
                  berichtet Visconti, dass der König von seinen Kammerherren
                  umgeben war, selbst wenn er auf seiner chaise percée (seinem
                  Toilettenstuhl) sass. | 
               
              
              
                 | 
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                | 1675 | 
                
                 | 
                
                London
                  Gazette: "Seltenes Konzert mit vier Trumpet Marines, nie
                  zuvor in England gehört! ..." | 
               
              
              
                 | 
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                | 1681 | 
                
                 | 
                
                Liselotte
                  von der Pfalz ist am Hof Ludwigs XIV. In ihren Briefen
                  schreibt sie sehr freizügig über das Leben bei Hofe.
                  (Teilweise ähnlich derb wie W.A. Mozart später in seinen
                  Bäsle-Briefen.) | 
               
              
              
                 | 
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                | 1682 | 
                
                 | 
                
                Ein
                  Komet erscheint. Seine Bahn wird von Halley nach Newtons Mechanik
                  vorausberechnet. | 
               
              
              
                 | 
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                | 1683 | 
                
                 | 
                
                Rameau
                  wird geboren (1683-1764), Purcell (1658-1695) wird englischer
                  Hofkomponist. | 
               
              
              
                 | 
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                | 1687 | 
                
                 | 
                
                Newton
                  publiziert seine revolutionären Entdeckungen über die
                  Gesetzte der Schwerkraft unter dem Titel: Philosophia
                  naturalis principia mathematica. | 
               
              
              
                 | 
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                | 1692  | 
                
                 | 
                
                Papin
                  konstruiert ein Tauchschiff. | 
               
              
              
                 | 
                 | 
                 | 
               
              
              
                | 1698 | 
                
                 | 
                
                Prin
                  ersetzt Renaud in der Rolle des Harlequin am Theatre de la
                  Foire St. Germain in Paris (bis 1704) und arbeitet dort
                  als Tänzer, Schauspieler und Trompette marine Virtuose. | 
               
              
              
                 | 
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                | 1700  | 
                
                 | 
                
                Philipp
                  V., Enkel Ludwigs XIV. wird König von Spanien. | 
               
              
              
                 | 
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                | 1702 | 
                
                 | 
                
                Prin
                  gibt am 15. Juli ein Konzert im Park von Versailles. Bei
                  dieser Gelegenheit wird er von der Duchesse de Bourgogne mit
                  einem Buch aus der königlichen Bibliothek mit
                  Trompetenstücken Lullys beschenkt. | 
               
              
              
                 | 
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                | 1704 | 
                
                 | 
                
                Prin
                  verlässt Paris. | 
               
              
              
                 | 
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                | 1708 | 
                
                 | 
                
                Jean
                  de Monségur verfasst seine "Mémoires du Mexique" | 
               
              
              
                 | 
                 | 
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                | 1713 | 
                
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                Zur
                  Feier der Verkündung des Friedensvertrages von Utrecht
                  spielten in Paris die "Cromornes et trompettes de la
                  chambre et grand Écurie du Roy" zusammen mit den
                  königlichen Trompeten, Oboen, Pfeifen und Pauken.
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                Druck von Samuel
                  Rudolph Behrs "L’art de bien danser/Die Kunst wohl
                  zu tanzen." | 
               
              
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                | 1715  | 
                
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                Tod
                  Ludwigs XIV.
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                Im Orchester der
                  Akademie von Lyon ist das Spiel von Trompettes marines belegt.
                  Im selben Jahr baut Imbert in Lyon eine Trompette marine für
                  Prin. | 
               
              
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                | 1716 | 
                
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                Watteau
                  malt den: Mezzetin und andere Commedia dell’ arte
                  Szenen. | 
               
              
              
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                | 1719  | 
                
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                Erscheinung
                  des Robinson Cruesoe Daniel Defoe. | 
                 
              
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                | 1722  | 
                
                 | 
                
                Harmonielehre
                  von J.P. Rameau | 
               
              
              
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                | 1722 | 
                
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                Hochverratsprozeß
                  gegen den Bischof von Rochester, Francis Atterbury . Hinweise
                  in Atterburys Korrespondenz auf einen Hund namens Harlequin,
                  den er aus Frankreich zum Geschenk erhalten hatte und der sich
                  auf der Reise ein Bein gebrochen hatte, wurden während des
                  Prozesses gegen ihn verwendet. Atterbury wurde schuldig
                  gesprochen und ins Exil geschickt. | 
               
              
              
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                | 1723 | 
                
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                Premiere
                  von Prins Deuxiéme Concert in Nizza am 21. August. | 
               
              
              
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                | 1726 | 
                
                 | 
                
                Erscheinen
                  von Jonathan Swifts phantastischem Roman Gullivers Reisen.
                  (Im 19. Jahrhundert wurde Swift oft seine exkrementelle
                  Phantasie vorgeworfen. Anscheinend war man aber im 18.
                  Jahrhundert was dies anbelangt weniger prüde als später.)
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                Voltaire geht nach
                  zweimaliger Haft in der Bastille bis 1729 nach England | 
               
              
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                | 1728 | 
                
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                Marin
                  Marais gestorben (1656-1728) | 
               
              
              
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                | 1735 | 
                
                 | 
                
                Prin
                  heiratet in Lyon, Taufe eines Kindes aus dieser Ehe.
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                In Mexico-Ville ist
                  auf einem geschnitzten Orgelgehäuse von José Nasarre ein
                  Trompette marine spielender Engel dargestellt. | 
               
              
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                | 1737 | 
                
                 | 
                
                Prin
                  zieht nach Strassburg. | 
               
              
              
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                | 1742 | 
                
                 | 
                
                Prin
                  verfasst sein "Traité sur la trompette marine"
                  in welchem er über Geschichte (Erwähnung einer afrikanischen
                  Ur-Trompette), Bau und Spieltechnik der Trompette marine
                  schreibt. | 
               
              
              
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                | 1743 | 
                
                 | 
                
                Prin
                  stirbt in Strassburg. | 
               
              
              
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        Besonders
        spannend an diesem Projekt waren auch die musikalisch- ästhetischen
        Fragen, die sich bei der Suche nach dem Klang von Prins Trompette marine
        ergeben haben: Warum empfinden wir heute einen schnarrenden,
        schmetternden Klang in der Barockmusik als fremdartig, der in der
        damaligen Zeit anscheinend normal war? Warum geht die Klangvorstellung
        heute in der "Alten Musik" genauso wie in der romantischen
        Musik immer mehr in Richtung eines dunklen, grundtönigen Klanges und
        jeder "Geräuschanteil" wird möglichst vermieden oder wenn
        schon im "Höllenbereich" angesiedelt wie z.B. beim Regal? Im
        Pop- und Jazzbereich oder in anderen Kulturen akzeptiert man dagegen
        diskussionslos verschiedenste, teilweise mit hohen Geräuschanteilen
        verbundene und verzerrte Klänge als "ausdrucksstark" und
        "persönlich". 
        Ähnlich
        paradox verhält es sich mit den "unsauberen" Obertönen.
        Trotz allem Bemühen um die historische Aufführungspraxis werden heute
        fast nur Naturtrompeten mit Grifflöchern verwendet, um
        "sauber" spielen zu können. Und dies, obwohl es keinen
        einzigen Beweis für die Verwendung solcher Grifflöcher, und auch kein
        einziges erhaltenes Originalinstrument mit solchen Löchern gibt. Die
        Schwierigkeiten mit denen die historischen Trompeter (und heutige
        "echte" Natur- trompeter) zu kämpfen hatten, waren dagegen
        enorm, da die Intonation nur durch das sogenannte "Treiben"
        mit den Lippen korrigieren werden konnte. 
        Dies könnte
        vielleicht einer der Gründe für die grosse Verbreitung der Trompette
        marine gewesen sein. Es ist auf ihr viel einfacher, die
        "unsauberen" Obertöne (vor allem 11. und 13. Partialton) zu
        korrigieren, indem man mit dem Daumen etwas fester gegen die Saite
        drückt. Es lässt dann allerdings der "Schnarrklang" nach und
        es klingt ähnlich wie die gestopften Töne des Naturhorns. 
        Eine
        Reduzierung der Trompette marine nur auf einen Trompeten-Ersatz
        erscheint mir sehr fragwürdig. Zum einen gibt es Belege für Klöster
        im Alpenraum, in welchen im 18. Jahrhundert gleichzeitig Trompete und
        Tromba marina gespielt wurde, zum anderen hätte es dann keinen Grund
        gegeben am französischen Hof über 100 Jahre eine Abteilung "Cromornes
        et trompettes marines" zu finanzieren, da dort zeitgleich immer
        ein Ensemble mit Naturtrompeten, die "Trompettes de la Grande
        Ecurie" existierte. 
        Das Ergebnis
        dieses musikalischen "Abenteuers", können Sie in unseren
        Aufführungen des "Meerestrompettisten"  geniessen und
        mit dem TEATRO ARCIMBOLDO eine unbekannte, vergessene Klangwelt
        entdecken.  | 
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