2. GANASSIS HINWEISE
ZUR MADRIGALINTAVOLIERUNG
Sylvestro Ganassi gibt in beiden Büchern seiner Regola Rubertina, Venedig 1542 und 1543, wertvolle Hinweise zur Intavolierungspraxis, Satz- und Spieltechnik von Madrigalen des 16. Jahrhunderts. Der wichtigste Abschnitt zu diesem Thema befindet sich im zweiten Buch, Kapitel XVI (im folgenden mit Q.1 bezeichnet)1:
Ragionamento dil natural del Violon & il modo di pratticarlo in tal effeto: ...tu seguiterai che ti sera mostrato uno madregal da sonar e cantare con ditta viola. Et perche in tal prattica el cene duoi Valenti hoggi di che e uno Messer Iuliano Tiburtino & un' altro Messer Lodovico Lasagnino Fiorentino, pero ho diterminato intantar tal prattica con questo puoco de modo & ancora faroti alcun discorso in questo accioche alli ditti scienti li venga voglia di voler ponere in luce tal regola con la regola generale come in tal profitto loro son molti periti... ...per quanto il mio discorso promesso de dirti in tal che sera questo che sel ditto madregal non ti paresse chel fesse quello effetto vero in recitar la Musica precise come la e stata determinata dal compositor questo sera da essere non biasmato perche l'istromento in tal prattica non e il suo natural ma del liuto si bene, perche il liuto puo rompere over espicar nella composition la parte figurata contra la parte ferma chel ditto violon nol puo farlo rispetto l'archetto le ben il vero che pratticandolo in modo della prattica della lyra de sette corde el si puo imitar tal cosa ma differentia e la cosa natural a quella accidentale, & piu ancora rispetto l'archetto non potrai fare alcune consonantie a duoi per essere occupato l'archeto dalle corde & volendo pratticar tal armonia de consonantia a do, & con cantar la terza parte sera di bisogno occupar over pratticar tre o quattro corde, si che la consonantia vien a essere a tre, pero tal volta rispetto el non essere il sou natural ti fara mancare & alle volte far de piu di quello che sera nella composition & ancora quelle corde de piu in consonantia te potria rendere l'armonia de simile alle parole & altro, per tanto non haverai che l'istromento non fusse eccelente nel suo grado quanto ogni altro perche tutti li stromenti nel suo grado e piu perfetto che un' altro differente in genere & che se livolesse farlo far l'effetto precise come se li fusse tutti dui dun genere come seria a dir la trombetta a rispetto del liuto in quanto el recitar della musica sera piu eccelente il liuto, ma poi al suo effetto per si tanto e uno quanto e l'altro & chel sia il vero diro te due parole pur con essempio. La trombetta si fara il vero effetto cerca lo inanimar i corazi nel fatto delle arme overo alla battaglia che el liuto nol fara & s'il vora far tal effetto sera cosa artificiosa & come imitatrice, il converso ancora e il medemo il violon in tal prattica come imitante a l'affetto del liuto pero se ditto madregal mancasse in alcuna particula non sera cosa de maraviglia, & accioche tu meglio conosci io ti voglio avertir questo che se tu volesti pratticar alcuna compositione che fusse a quattro over a cinque & volendo sonar quattro parte & cantar la quinta, el ti fa bisogno accomodarti de uno archeto piu longo del suo ordenario e questo accioche le sede venga a essere manco tirate e questo perche el si venga piu facilire le corde che a di bisogno la consonantia dapoi tu l'indurici con le dede al tuo proposito per quanto lo occupar manco corde ancora la corda sola, de piu ancora el te sera necesso lo accomodarti de una tolela sul manico de li tasti non troppo colma il simile el scagneletto e scagnello accioche tu sia piu accomodo con l'archeto tuo far le ditte consonantie, ma io te dico che in questo modo de pratticar ditto Stromento che ti ho terminado sera un modo accomodo su le viole comune senza che tu mudi l'archo ne manco la stella perche per il sonar due parti e cantar la terza con ogni puoco di aiuto de l'artificio si puo servirsi con ditto Stromento in recitar delle cose a tre con cantar una parte e sonar le due in tal modo, & sera conceduta tal prattica per la rason legittima disopra ditta, sequita per l'effetto in fatto del madregal per conto de esempio. Io dico per conto de esempio accio tu poni da parte il giudicio de cerca le avertentie delle parte a proposite al Valente in tal prattica, & io ti dico ancora che tu serai soportado quando ben tu lasciasti alcuna cosa & ancora far de piu di quello che sera la cosa composta perche tal cosa la farai per accomodo de lo istromento, vero e che la parte che canterai debisogno e di non accrescere ne mancare di quello chel compositore l'havera ordinada io non dico che non li faci delle minute con bona rasone. Gia tu sai come la Viola in questo non essere il suo naturale pero tal artificio sera concesso si come ancora nella Lyra de sete corde tal che si soporta che nella prattica del dire i bassi accompagnado con il suon della Lyra come per unaltra mia el te sera regolado la vera via e modo del sonar il ditto Istromento. Siche seguita per il promesso madrigal in essempio. |
Über die Natur der Gambe und die Art, sie auf ihre Weise zu gebrauchen: ...Du wirst aber weiterlernen, und es wird dir ein Madrigal gezeigt, das zu singen und mit der Gambe zu begleiten ist. Es gibt in dieser Kunst noch zwei tüchtige Meister: einer ist Herr Juliano Tiburtino und der andere Herr Lodovico Lasagnino aus Florenz. Ich habe beschlossen mit diesem wenigen zu beginnen und werde noch darüber sprechen. So werden auch die genannten Kenner Lust bekommen, diese Schrift als gewöhnliches praktisches Lehrbuch anzuerkennen, weil sie sich auf solchen Nutzen gut verstehen... ...Dann will ich dir noch sagen: wenn das besagte Madrigal hier nicht so wiedergegeben wird, wie es der Komponist beabsichtigt hat, ist das nicht zu tadeln, denn das Instrument wird dabei nicht seiner Natur gemäß gebraucht. Eigentlich müsste das Stück nämlich auf der Laute gespielt werden, denn beim Lautenspiel kann ich in der Komposition die figurierte Stimme gegen den Cantus firmus abheben, was bei der Gambe wegen des Bogens nicht möglich ist. Freilich kann man ihn wie bei der siebensaitigen Lyra gebrauchen und so die Laute nachahmen. Aber der Unterschied ist natürlich vorhanden. Weiter kannst du mit dem Bogen auch nicht fortlaufend akkordisch spielen, weil der Bogen über die Saiten streichen muss. Willst du bei einem solchen Stück zwei Stimmen spielen und die dritte singen, so brauchst du dazu drei oder vier Saiten, wobei Akkorde entstehen. Da dies aber unnatürlich ist, wirst du manchmal weniger und manchmal mehr spielen müssen, als die Komposition vorsieht. Jene überflüssigen Saiten im Akkord können die Harmonie und den Text beeinträchtigen. Man könnte nun denken, dieses Instrument sei weniger ausgezeichnet als andere. Jedes Instrument ist jedoch in seiner Art vollkommen. Man kann nicht von der Trompete und von der Laute gleiche Wirkung erwarten, als seien sie gleichartige Instrumente. So ist für die Wiedergabe bestimmter Musik die Laute besser geeignet. In der Wirkung an sich ist aber ein Instrument so viel wert wie das andere. Ich gebe dir in zwei Worten ein Beispiel dafür. Die Aufgabe der Trompete ist es, beim Waffengang oder im Kampf Mut einzuflössen, was die Laute nicht tut. Wenn sie es dennoch versuchte, würde es etwas Gekünsteltes und Nachgeahmtes. Umgekehrt ist es so beim Gebrauch der Gambe als Nachahmerin der Laute. Sollte also das Madrigal in einer Kleinigkeit fehlen, brauchst du dich nicht wundern. Damit du mich besser verstehst, will ich dir noch dies sagen. Willst du etwa eine 4- oder 5-stimmige Komposition ausführen und dabei 4 Stimmen spielen und die 5. singen, musst du dir einen besonders langen Bogen verschaffen. Hierbei wird die Bespannung nicht gestrafft, wodurch sie sich den Saiten besser anschmiegt, wie es für den Akkord nötig ist. Dann straffst du mit dem Finger nach Gutdünken, wenn weniger Saiten oder nur eine Saite gebraucht werden. Ausserdem dürfen Griffbrett, Steg und Saitenhalter nicht zu stark gewölbt sein, damit du mit deinem Bogen die Akkorde bequem ausführen kannst. Ich sage dir, der Gebrauch des Instrumentes, so wie ich ihn dir vorgeschrieben habe, ist bequem für die gewöhnlichen Gamben; du brauchst dabei weder Bogen noch Steg zu wechseln. Um dreistimmige Musik auszuführen, kann man sich mit wenig künstlicher Hilfe des besagten Madrigals bedienen, indem man eine Stimme singt und zwei spielt. Das ist erlaubt, wie die obige Überlegung zeigt. Als Beweis und Beispiel folgt das Madrigal, damit du es selbst beurteilen kannst. Das ist meine Absicht, d.h. die Überlegung eines in der Praxis Bewanderten. Ich sage dir noch, man wird es dir erlauben, dass du in der Komposition etwas auslässt oder hinzufügst, denn du tust dies des Instrumentes wegen. Freilich darf in der Singstimme nichts an der vom Komponisten vorgeschriebenen Melodie geändert werden, womit nicht gesagt sein soll, dass man nicht mit gutem Grund diminuieren dürfe. Du weißt ja, das Auslassen und Hinzufügen liegt sonst nicht in der Natur der Gambe, ist aber hier als Kunstgriff wohl gestattet. So erträgt man auch bei der 7-saitigen Lyra alles gern, was dem Klangcharakter dieses Bassinstruments entspricht. Ich werde dir in einer anderen Schrift noch Spielanweisungen für dieses Instrument geben.2 Nun folgt als Beispiel das versprochene Madrigal. |
Das Stück ist in der ital. Lautentabulatur notiert. Das heißt die unterste Linie repräsentiert die höchste Saite, die oberste die tiefste. Die Ziffern stehen für den jeweiligen Bund, 0=leere Saite, 1=erster Bund usw.. Die Punkte sind eine Erfindung Ganassis, und zeigen sowohl den Greiffinger als auch Auf- und Abstrich an (Erklärt im zweiten Buch der Reg. Rub., Kap VII.). |
Am Ende des vorhergehenden Zitates erwähnt Ganassi die 7-saitige Lyra.
H. Peter bezeichnet diese in ihrer deutschen Übersetzung als "Bassinstrument".
Dies halte ich aus zwei Gründen für falsch: Erstens ist die 7-saitige Lyra
wohl eher eine Lira da braccio, für welche diese Saitenanzahl
charakteristisch war (fünf Saiten über dem Griffbrett, zwei Baßsaiten
daneben). Die Lira da gamba hatte meist 11 und mehr Saiten. Zweitens heißt "i
bassi accompagnado con il suon della Lyra" genauer übersetzt: "die
Bässe mit dem Klang der Lyra begleitend", was meiner Meinung nach
auf die in der Einleitung erwähnte Praxis des Mitsingens oder Mitspielens
der Baßstimme zur Lira/Lirone hinweist.
Die Beziehungen zwischen Lira, Lirone und Viola bzw. Violone beleuchtet
das nächste Zitat, erstes Buch, Kap. VIII (Q.2):
Modo de l'accordarlo solo. Nota bene come il violone e composto di sei corde, & piu volte io pensava qual fosse piu antico o il leuto o il violone per poter discrivere l'origine della cosa dil che parlando con piu persone fommi arricordato da uno haver visto nelle antighita di Roma in una historia di molte figure sculpite in marmoro essergli una delle figure che haveva in mano una viola d'arco simile a queste, & subito conobbe che'l fosse piu antico il violone che il lauto per l'auttorita ancora cavata d'orfeo non si dice che lui usasse il lauto: ma ben lo istromento di corde, & arco che è la lira laqual è conforme di corde, & archetto come è il violone: ma ancora nel suo nome che e lira e lirone a ben che il piu diceano violone: ma molto piu al suo suggietto il nominarlo lirone & lironi molti insieme, che viole ne violoni: perche l'auttorita si causa da orfeo per la sua lira basta di questo puoco di prologo torniamo al nostro raggionamento cerca l'accordralo per non attediarsi, il violone come dico in principio essere composto de sei corde, & il suo nome & accordo voglio, che'l sia d'uno modo medemo del lauto, & tu m'intenderai per ogni parte si del basso, e tenor, e sopran, & alto ... |
Vom Stimmen für das Einzelspiel: Die Gambe hat, wie du weißt, sechs Saiten. Ich habe mich oft gefragt, ob wohl die Gambe oder die Laute das ältere Instrument sei, um seinen Ursprung beschreiben zu können. Als ich gelegentlich mit anderen darüber sprach, sagte mir jemand, er habe unter den Altertümern in Rom ein Marmorrelief mit zahlreichen Figuren gesehen. Eine von ihnen hielt ein unserer Viola ähnliches Instrument in der Hand. Er schloß daraus, daß die Gambe älter ist als die Laute, was auch durch Orpheus belegt wird. Es wird nicht gesagt, daß er sich der Laute bedient habe, sondern des Saiteninstruments mit Bogen, das Lira heißt und in Saiten und Bogen der Gambe gleicht. Sein Name ist Lira oder Lirone, wenngleich man meist Violone sagt; Lirone - oder wenn es mehrere sind - Lironi ist angemessener als Viola oder Violoni, wegen der durch Orpheus belegten Lira. Dies mag als Einleitung genügen. Kommen wir, um uns nicht mit der Vorrede zu langweilen, auf die Belehrung über das Stimmen zurück. Wie eingangs gesagt, hat die Gambe sechs Saiten. Sie wird in allen ihren Lagen, d.h. im Bass, Tenor, Sopran und Alt, ebenso wie die Laute gestimmt. ... |
"Lira" und "Lirone" waren für Ganassi also
- genauso wie "Viola" und "Violone" - austauschbare Instrumentennamen. Die
Endung "...one" bezeichnet noch keinen Grössen- oder
Haltungsunterschied (wie z.B. die Zusätze "da braccio" oder
"da
gamba"). Allerdings legt Ganassi Wert auf die klare Unterscheidung
zwischen Liren und Violen, da seine Zeitgenossen im 16. Jh. anscheinend
beide aufgrund ihrer Ähnlichkeit "Viola" bzw. "Violone"
nannten.3 Für die Namensgebung der Lira/Lirone wird wieder einmal
- wie so häufig - Orpheus als Beweis herangezogen.
Die verschiedenen Instrumentengrössen und deren Stimmungen unterscheidet
Ganassi meistens durch die Stimmlagen-Bezeichnungen "basso",
"tenor", "contra alto" und "soprano". Nur das tiefste Instrument der
Familie wird manchmal auch mit "viola contrabasso" oder nur "contrabasso"
bezeichnet.4
Zur Ikonographie
Drei Abbildungen von Gamben finden sich in der Regola Rubertina. Die erste Abbildung zeigt ein, von der Form her, ungewöhnliches Instrument:
Im zweiten Buch ist fast dasselbe Instrument noch einmal abgebildet.
Unterschiedlich sind:
Die Korpusform dieser Instrumente könnte eine Anleihe bei der Lirafamilie sein, da dort mehrere Instrumente mit ähnlichen Charakteristika (Einbuchtungen der Zargen an Saitenhalter und Halsansatz) erhalten bzw. ikonographisch belegt sind.5
Lira da braccio, Giovanni d'Andrea, Verona 1511
Bild von Gaudenzio Ferrari, 1532 (Engel mit Lira)
Konzert der Nymphen, Tintoretto, ca. 1582-84
Die dritte Abbildung, zu Beginn des zweiten Buches der Regola Rubertina, zeigt eine neue Gambenform. Die Zargen weisen keinen Einschnitt am Halsansatz auf, der Hals selbst ist im Verhältnis zum Korpus viel kürzer, da der Bundbereich6 am Halsfuß endet. Auch dieses Instrument ist fünfsaitig. Als Stimmung für die fünfsaitige Bassgambe gibt Ganassi D-G-H-e-a an7, das sechssaitige Instrument wurde D-G-c-e-a-d' eingestimmt.8
Für die Spieltechnik bei Ganassi ist ein kurzer Abschnitt im zweiten Teil der Regola Rubertina, Kapitel IV (Q.3) aufschlussreich:
Regola di mettere li tasti: ... Et l'ottavo tasto per il suo termine sera quella medema portion che e dal quinto al sexto |
Über das Anlegen der Bünde: ... Die Stelle des achten Bundes ist davon ebenso weit entfernt wie der sechste vom fünften. |
Dies ist insofern von Bedeutung, da durch den achten Bund - im Gegensatz zu den heute üblichen sieben Bünden- sowohl der Oktavgriff c - c' als auch ein höheres Lagenspiel innerhalb des Bundbereiches möglich wird, welches Ganassi in seinem Beispiel einsetzt. Auch an den in der Regola Rubertina abgebildeten Viole da gamba kann man den achten Bund gut erkennen (s.o.).
Die würdigste Stimme
Ein, im Bezug auf die Analyse der Madrigalintavolierung, interessanter satztechnischer Hinweis findet sich im ersten Buch, Kapitel X (Q.4). Ganassi hebt darin die Bedeutung und Funktion der Baßstimme hervor:
Qual parte son piu degna: ...prima nel capitolo diece ti raggionai del basso essere la piu degna parte di tutte l'altre, tu mi dici puoi ch'io ti dica la ragione, & io te dico che la raggion è questa: perche è quello che da la forma a tutte le consonantie, che'l sia la verita non puoi nominar consonantia alcuna che non sia principata da l'unison, il qual è la piu parte bassa che sia in tutte le consonantie daper si adonque per essere termine del basso, quello sera che dara forma ad ogni consonantia... ...adonque per questa ragione faccio che'l basso sia piu degno, ch'ogni
altra parte duoi altre ragioni l'ha in si dellequali la prima sie che
nella pratica in musica il salva la disonantia ch'è la quarta con
copularsi una terza over quinta disotto l'altra è quello che accomoda le
voci mal disposte si negl' istromenti quanto nelle voci, |
Über die würdigste Stimme: ...Im vorherigen Kapitel sagte ich dir, der Bass sei die wichtigste aller Stimmen. Dafür verlangst du von mir eine Begründung. Ich erkläre dir also, dass der Bass allen Intervallen zugrunde liegt, denn du kannst kein Intervall nennen, das nicht vom Einklang ausginge, der das Fundament aller Intervalle ist. Da dies nun der Bass ist, bestimmt er alle Intervalle, ... ...Darum sage ich, dass der Bass würdiger ist als alle anderen
Stimmen. Dafür gibt es noch zwei andere Gründe. In der musikalischen
Praxis löst er nämlich die Dissonanz, d.h. die Quart auf, indem er sich
mit einer Terz oder Quint darunter verbindet. [Anm.: Gemeint ist die
Ergänzung einer Quart zum Sextakkord bzw. zum Oktav/Quint-Klang.] Zudem
ist er es, der die schlecht angelegten Instrumental- oder Vokalstimmen
ausgleichen kann. |
Der letzte von Ganassis Hinweisen bezieht sich auf etwaige Druckfehler in der Madrigalintavolierung von "Io vorrei Dio d'amore". Zweites Buch, Kap. XV (Q.5):
Nota ancora che alla terza sua casella il primo numero & secondo si vuol essere alla misura della minima & il terzo numero in picigo alla misura della semibreve. Et questo aricordo e causato per alcun error conosciuto dapoi fatto l'opera nello foglio refatto. |
Beachte weiter, dass im dritten Takt des Beispiels die erste und zweite Zahl eine Minima und die dritte Zahl, die ein Anreißen verlangt, eine Semibrevis ist. Ich möchte darauf aufmerksam machen, dass dieser Fehler erst bemerkt wurde, nachdem das Buch fertig war, auf dem neugemachten Blatt. |
Aufgrund dieser Textstelle lassen sich eigentlich Druckfehler in der Intavolierung ausschließen. Ganassi hatte anscheinend noch vor Fertigstellung des Textteils die Möglichkeit, das schon geschnittene Madrigal korrekturzulesen.
INHALTSVERZEICHNIS - NÄCHSTES KAPITEL - ANFANG DIESES KAPITELS
1
Die hier wiedergegebene Übersetzung ist der deutschen Ausgabe der
Regola Rubertina von H. Peter, Berlin 1972 entnommen.
2
Diese "Schrift" ist leider nie erschienen.
3 Im
17. Jh. beschreibt Praetorius in seinem Syntagma Musicum II, 1618, S. 49,
(Repr. Wilibald Gurlitt. Kassel 1958/59) den Lyrone als "Eine große
Lyra..... An der Struktur dem Bass von den Viole de gambe gleich".
4 Erstes Buch,
Kap. VIIII: "...metti amente che la prima corda ch’è il basso della viola
contrabasso ..."; Erstes Buch, Kap. XI: "...
lo soprano in quinta alta dal tenor, che sara in ottava sopra del contrabasso
...".
5 S.
S Jones, The Lira da Braccio, Publications of the Early Music Institute,
Indianapolis 1995, S. 9-28.
6
Alle bei Ganassi abgebildeten Gamben haben acht Bünde, im Gegensatz zu den
später üblichen sieben Bünden.
7
erstes Buch, Kap. XVIII.
8
erstes Buch, Kap. IX.